null KLicksalat im HPZ

Am Donnerstag, 30.06.2022, war Herr Jörg Kabierske mit seinem Programm Klicksalat im HPZ. Er ist unserer Einladung gefolgt ans HPZ zu kommen, um drei Vorträge für die Kinder und Jugendlichen der St. Rupert Schule und Tagesstätte sowie der ARCHEN zu halten. Wie für viele Eltern zu Hause ist das Thema „Internet, zocken & Social Media“ auch in unseren Einrichtungen immer wieder ein großes Thema, das oftmals zu Konflikten führt. Dabei wollten wir die Kinder sensibilisieren und mit einem vierten Vortrag am Abend die Eltern und MitarbeiterInnen unterstützen. Die AOK Bayern hat im Rahmen eines Präventionsprogramms den Tag finanziert. Herzlichen Dank dafür

In den Schülervorträgen waren die Inhalte danach ausgerichtet was die jungen Menschen in ihrer Freizeit an den Bildschirmen überwiegend machen, was ihnen dabei so Spaß macht und wo die Risiken liegen.

Nachfolgend möchten wir einen Überblick über die Inhalte des Vortrags für die Erwachsenen und Tipps zum Nachlesen geben.

Herr Kabierske eröffnete seinen Vortrag damit, dass er feststellte, dass Spielkonsolen, wie „Playstation®“ und „Wii®“ nicht mehr zwingend in den Kinderzimmern sein müssen. Handys, Computer und Tablets ersetzen diese zunehmend und bringen mehr Möglichkeiten, als nur zu spielen.

Eine Abfrage in einer Regelgrundschule hat ergeben, dass unter den Erst- bis Viertklässlern bereits viele Kinder „WhatsApp“, „YouTube“, „TikTok“ und „Snapchat“ nutzen, obwohl nach der Datenschutzgrundverordnung das erst ab mindestens 14 Jahren, „WhatsApp“ erst ab 16 Jahren, erlaubt ist.

Während der Zeit des Homeschoolings und Lockdowns waren die Bildschirme über eine lange Zeit sehr hilfreich, um zu lernen und im Kontakt zu bleiben. Die Kinder und Jugendlichen – vielleicht auch manche Erwachsene - müssen „mental“ wieder umschalten: wir können raus, Freunde treffen, uns bewegen usw. Die Aufgabe der Erwachsenen ist es Kinder dazu aufzufordern und zu unterstützen, auch wenn die Kinder sagen, sie treffen sich in der Onlinewelt zum Spielen. Ein 8-jähriges Kind hat ¼ seines Lebens mit Covid gelebt! Es ist an der Zeit das Freizeitverhalten wieder auf den Prüfstand zu stellen – auch bei Erwachsenen schadet es nicht. Welche Rolle spielen Bildschirmhobbies und -zeiten? Welche Rolle spielen offline Beschäftigungen? Ist es an der Zeit einen Ausgleich zu schaffen?

Viele Eltern wünschen sich pauschale Angaben darüber, wieviel Zeit ist gut, dass mein Kind vor Handy, Tablet oder Konsole verbringt. Laut Herrn Kabierske ist diese individuell und hängt auch von den Inhalten der Bildschirmzeit ab. Schaut ein Kind oder Jugendliche Filme über sein Hobby, z. B. Autos, Fischen, Dinosaurier, usw. oder kommuniziert er mit anderen, ist es besser, als Onlinespiele wie „Fortnite“.

Erwachsene greifen 200-300 mal täglich ganz automatisch zum Handy. Das stört produktives Arbeiten und ist tödlich für Konzentration. Vermeintliches Multitasking (mehrere Aufgaben regelmäßig gleichzeitig zu erledigen) ist Gift für das Gehirn. Damit ist auch gemeint fern zu sehen und „nebenbei“ am Handy zu sein. Das Gehirn ist überfordert, es wird überdehnt. Die Regeneration in der Nacht reicht nicht mehr aus. Es laufen Forschungen, ob dadurch eine Demenz früher eintreten kann.

Sinnvoll sind bildschirmfreie Zonen, wie das Bett und der Esstisch, z. B. nachts, da Nachrichten und Spiele auch verhindern, dass junge Menschen schlafen. Das Handy als Wecker und Uhr ersatzweise zu nutzen ist ungünstig, besser ist es beides zu haben: einen Wecker und eine Armbanduhr, um nicht gezwungen zu sein, aufs Handy schauen zu „müssen“.

Eltern haben die Möglichkeit sich technisch unterstützen zu lassen, wann das Handy benutzt werden darf und wann nicht. Bei Android Geräten ist dies mit der App „Google Family Link“ möglich, bei Apple Geräten gehen Sie unter „Einstellungen“ auf Bildschirmzeiten und legen Sie Familienregeln fest (wann und wie lange ist das Handy aktiv). „Netflix“ und „Amazon Prime“ kann man mit Altersfreigaben versehen, ansonsten empfiehlt sich auch „YouTube for Kids“.

Ebenfalls unter der Bildschirmzeit sieht man, wie viel Zeit für die Nutzung der einzelnen Apps aufgebracht wurde und lassen sich Auszeiten regeln und App Limits festlegen, mit dem Ziel der geplanten und sinnvollen Bildschirmnutzung.

Unterstützt sollte das Ganze auch dadurch werden, dass Eltern Vorbild sind, da Kinder das Verhalten der Eltern nachmachen und da spricht man von Doppelmoral, wenn Eltern von Kindern etwas verlangen, was sie selbst nicht einhalten. Beispielsweise stellen Eltern die Regel auf: kein Handy oder Tablet am Esstisch. Dann dürfen die Eltern auch ihre Zeitung nicht am Tablet am Esstisch lesen. Erwachsene sollten sich auch dahingehend beobachten, ob sie bspw. Während dem Fernsehen am Handy daddeln.

Anschließend ging Herr Kabierske auf die 10 Gebote der digitalen Ethik von der Hochschule der Medien Stuttgart:

Zu einigen der genannten Geboten folgten nähere Ausführungen und wurden Weblinks empfohlen. So etwa zum 1. Gebot: Erzähle und zeige möglichst wenig von dir … in sozialen Netzwerken und Nachrichtenplattformen, sonst erfahren auch fremde Menschen von Dir… es ist unkontrollierbar. Das 2. Gebot: Akzeptiere nicht, dass du beobachtet wirst und deine Daten gesammelt werden. Insbesondere wies er auf die Einstellung „privat“ bei „TikTok“ hin, da er in den Schülervorträgen feststellte, dass einige Kinder und Jugendliche bereits hier ihre Videos drehen. Warum wird eigentlich alles gepostet sollte gefragt werden? Geht es um Aufmerksamkeit, Nachahmung, Berühmtheit, …? Eltern sollten darauf achten, dass der digitale Rucksack ihrer Kinder möglichst klein ist und Kinder online nicht in Kontakt mit Menschen kommen, die sie real nicht kennen. Apps greifen auch auf Mikrofon, Kamera, Galerie, Standortermittlung zu, was ebenfalls gegen das Gebot spricht. Wie lässt sich das in den jeweiligen Apps ausschalten. Zum Glück gibt es die Seite www.saferinternet.at . Hier wird erklärt wie mache ich die Apps datenschutzsicher. Dazu geht man im Menü auf „Privatsphäre-Leitfaden“ und ist auch für nicht IT-Checker ganz einfach. Eltern sollten mit ihren Kindern reden und fragen, ob es Filme von sich selbst veröffentlicht oder weiter schickt.

Gerade Influencer beeinflussen junge Leute in hohem Maß und es muss erklärt werden, wie die Welt der Influencer funktioniert (Finanzierung über Werbung und Werbeverträge). Kinder verdienen damit kein Geld, müssen sie auch nicht.

Riskant wird es, wenn gegen Urheberrechte und Persönlichkeitsrechte verstoßen wird. Wenn z. B. Filme, die jemand anderer veröffentlich hat „genommen“ werden und von einem anderen Kind oder Jugendlichen veröffentlicht wird. Hier drohen strafrechtliche Konsequenzen, ebenso dürfen keine Bilder und Videos von Personen veröffentlicht werden, ohne deren Erlaubnis zu haben.

3. Gebot: Glaube nicht alles was Du online siehst, und informiere Dich aus verschiedenen Quellen.

Junge Menschen sollten lernen zu unterscheiden zwischen seriösen und verlässlichen Quellen, wie bspw. Von Behörden, wissenschaftlichen Instituten usw. im Vergleich zu sozialen Netzwerken, youtube oder irgendwelchen Internetseiten, deren Absichten nicht eindeutig sind. Aussagen von Influencern werden oftmals als „Gesetz“ und richtig bewertet. Kinder sollten gefragt werden, welche Influencer sie gut finden, vielleicht in einer Klasse, Gruppe oder der Familie eine Liste der Top10 der Influencer aufstellen und gemeinsam hinterfragen, welche Werte dahinterstecken. Er bezeichnet die Influencer als die Nannys der aktuellen Zeit. Sie prägen die Entwicklung und Meinungen junger Menschen.

Oftmals sind die Handys der Kinder für die Eltern absolut tabu. Die Handyverträge haben allerdings meist die Eltern für die noch nicht geschäftsfähigen Sprösslinge abgeschlossen, was rechtfertigt, dass Eltern wissen dürfen, was mit dem Handy gemacht wird – natürlich unter Beteiligung des Kindes. In den oben genannten „Google Family Links“ oder über eine Apple Family ID können Voreinstellungen getroffen werden, die verhindert, dass Downloads ohne Zustimmung der Sorgeberechtigten möglich sind.

Zum 3. Gebot gehören natürlich auch „Fake-News“ und Kettenbriefe, die auffordern, dass sie unbedingt weiter geleitet werden müssen, wie Warnungen vor Kindesentführungen, Einstellungen usw. Warum klappt das so oft? Weil der Absender von dem die Aufforderung kam in der Regel eine bekannte Person ist, die doch im wahren Leben seriös ist.

Die moderne Technik ermöglicht, dass Fotos und Videos täuschend echt wirken. Hier spricht man von „Deepfakes“. „Deepfakes“ sind realistisch wirkende Medieninhalte (Foto, Audio und Video), die durch Techniken der künstlichen Intelligenz abgeändert und verfälscht worden sind. Man sieht einen Prominenten, der etwas macht oder sagt und dabei gefilmt wird. Dass es nicht diese Person ist, ahnt man nicht. Hier passiert massive Beeinflussung und es wird immer schwieriger zu unterscheiden, wem und was darf man noch trauen?

Oftmals bekommen junge Menschen aus online Spielen heraus Freundschaftsanfragen oder es wird gebeten sich in einen privaten Chat zu begeben. Kluge Menschen wollen wissen mit wem sie es zu tun haben und lassen sich ein Foto schicken. Das Foto kann von einer Person sein, die es in der Wirklichkeit nicht gibt. Durch die Foto Rückwärtssuche in google, kann man das überprüfen.

4. Gebot: Lasse nicht zu, dass jemand verletzt oder gemobbt wird.

Es ist schon fast zur Tradition geworden seinen Unmut über Produkte öffentlich zu machen. War es nicht früher so, dass wenn beim Kauf etwas schief gelaufen ist, die Firma zu kontaktieren und das unter 4-Augen zu klären. Diese oftmals nicht fairen, sondern schon fast beleidigenden Feedbacks werden auch von jungen Menschen gelesen und es entwickelt sich eine Gesellschaft, in der Erwachsene ein schlechtes Vorbild sein können. Nicht alle Dinge die öffentlich kritisiert werden, würde man dem betreffenden in dieser Art und Weise ins Gesicht sagen – das verbietet oftmals schon die gute Kinderstube.

Die Werteerziehung muss digitalisiert werden, lernen Sie Ihrem Kind, dass was in der echten Welt nicht OK ist, auch online nicht geht. Streits sollen im realen Leben gelöst werden, nicht in Chats.

5. Gebot: Respektiere die Würde anderer Menschen und bedenke, dass auch online Regeln gelten.

Nicht alles muss, gefilmt, geteilt und geliked werden. Der Respekt den Menschen, die darauf zu sehen sind ist zu achten, sei es bei Unfällen, wo es Tote und Verletzte gibt, wenn sich jemand in intimen Situationen, wie auf der Toilette oder schlafend befindet.

6. Gebot: Vertraue nicht jedem, mit dem du online Kontakt hast.

Denn wenn man seinem gegenüber bedingungslos vertraut sendet und empfängt man selbstproduzierte, freizügige Aufnahmen (Sexting). Wie schnell sind sie weiter geleitet oder geraten von vornherein an jemanden, für den derartige Bilder und Videos nicht gedacht waren. Wenn man dies mitbekommt sollte die betroffene Person angesprochen werden. Auch hierzu finden Sie Näheres unter www.klicksafe.de

7. Gebot: Schütze dich und andere vor drastischen Inhalten.

8. Gebot: Miss deinen Wert nicht an Likes und Posts

Stärken Sie das Selbstbewusstsein der Kinder, zeigen Sie auf worin man im realen Leben „glänzen“ und hervorstechen kann, vielleicht durch ehrenamtliches Engagement.

9. Gebot: Bewerte dich und deinen Körper nicht anhand von Zahlen und Statistiken

Der Drang nach dem perfekten Schönheitsideal bestand schon immer, mit Fitnessuhren oder -armbänder besteht die Gefahr, dass jungen Menschen permanent unter Druck stehen Ziele zu erreichen, die unreflektiert ihnen vorgegeben werden.

10. Gebot: Schalte hin und wieder ab und gönn Dir auch mal eine Auszeit

Ein Tipp, der sicherlich auch für viele Erwachsene, die bereits beruflich bedingt, viel an Bildschirmen arbeiten, nützlich ist. Mit Kindern kann man bspw. Ein Tortendiagramm nehmen und den Tag einteilen, wieviel Zeit für was (Schule, Schlafen, Sport, Freunden, Handy, …) wichtig und passend sind. In vielen Handys lässt sich digitales Wohlbefinden einstellen, es wird nur in der vorgegebenen Zeit die Nutzung der Apps ermöglicht. Befragen Sie einfach mal eine Suchmaschine mit dem Begriff „Digitales Wohlbefinden“.

Das Internet ist unser ständiger Begleiter, manchmal Fluch und manchmal Segen. Damit der Segen die Überhand bekommt empfiehlt sich neben der Beachtung der Gebote, das Internet sich im Alltag zu Nutze zu machen und den Kindern einen sinnvollen Einsatz zu zeigen, wie z. B. Kochrezepte zu suchen und gemeinsam zu kochen, die Kinder zu bitten sich etwas vorlesen zu lassen (Training von Lesefertigkeiten). Lassen Sie digitales und analoges Leben verschmelzen.

Weiterführende Links:

www.handysektor.de

„Der Handysektor ist deine unabhängige Anlaufstelle für deinen digitalen Alltag – mit vielen Tipps, Informationen und auch kreativen Ideen rund um Smartphones, Tablets und Apps. Wir unterstützen dich jederzeit bei Fragen oder Problemen mit digitalen Medien. Bei uns gibt es keine Verbote oder den erhobenen Zeigefinger – stattdessen machen wir dich fit, so dass du selbst kompetent entscheiden kannst, wie du mit digitalen Medien umgehen willst.“ www.handysektor.de/ueber-handysektor (abgerufen am 08.07.2022)

www.Klicksafe.de „Die EU-Initiative klicksafe hat zum Ziel, die Online-Kompetenz der Menschen zu fördern und sie mit vielfältigen Angeboten beim kompetenten und kritischen Umgang mit dem Internet zu unterstützen. klicksafe bündelt und entwickelt relevante Informationen und Angebote zu einer sicheren, kompetenten und selbstbestimmten Internetnutzung. Wir richten uns dabei insbesondere an Menschen, die Kinder und Jugendliche dabei unterstützen, ihre Internetkompetenzen auszubauen – von Eltern über Lehrkräfte bis hin zu Multiplikator*innen – aber auch an alle, die sich selbst fit machen wollen. So erhalten Nutzer*innen einen Überblick über aktuelle Online-Themen sowie konkrete Tipps für den digitalen Alltag.“ www.klicksafe.de/die-initiative (abgerufen am 08.07.2022)

www.mediennutzungsvertrag.de – Wie lange dürfen meine Kinder fernsehen oder im Internet surfen? Legen Sie es hier gemeinsam mit den Kindern fest. Weniger ist Mehr, lautet auch hier die Devise bzgl. Der Anzahl der Regeln. Legen Sie auch Konsequenzen fest

Julia Schilcher

Dipl. Sozialpäd. (FH)

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