null Dank und große Anerkennung für eine Pionierin der Inklusion

Vier Jahrzehnte wirkte Gabriele Frauscher im Heilpädagogischen Zentrum (HPZ) Rottal-Inn. 20 Jahre lang leitete sie die Einrichtung der Katholischen Jugendfürsorge der Diözese Regensburg e. V. (KJF): menschlich wie fachlich leistete sie ausgezeichnete Arbeit. Dafür würdigten sie bei einer gemeinsamen Feierstunde der Vorsitzende der KJF, Domkapitular Michael Dreßel, KJF-Direktor Michael Eibl, stellvertretende Landrätin Edeltraud Plattner, 3. Bürgermeisterin Monika Haderer, Regierungsschuldirektorin Susanne Zeller-Fries, Elternbeiratsvorsitzende Sabine Wotzinger, die Vorsitzende der Mitarbeitervertretung Julia Wegler und Schülersprecher Dominik Hart.

Ein ausführliches Interview, in dem Gabriele Frauscher auf Herausforderungen, gelungene Projekte und schöne Momente zurückblickt, lesen sie hier.

Symbolisch gibt Gabriele Frauscher den Schlüssel zum Heilpädagogischen Zentrum an ihren Nachfolger Robert Niederleitner weiter. (Foto: Christine Allgeyer)


Abschied von einer leidenschaftlichen Pädagogin

„Ich habe Gabriele Frauscher als leidenschaftliche Pädagogin erlebt. Auch ihr Engagement für Special Olympics und die jungen Sportlerinnen und Sportler war herausragend. Viele schöne Erlebnisse hat sie ihnen ermöglicht und geteilt. Fachlich und menschlich verabschieden wir nun eine der Perlen aus unserer KJF-Familie und aus unserer Führungsriege. Liebe Frau Frauscher, Sie haben sich mit viel Energie und weit über Ihre Aufgabe hinaus im HPZ engagiert – dafür von Herzen danke!“, so Michael Eibl, Direktor der KJF. In seiner Laudatio würdigte er Gabriele Frauscher als Sonderpädagogin, die sich durch ihre Zugewandtheit und Mitmenschlichkeit ausgezeichnet habe. Ihr Studium hat sie bei dem 2023 verstorbenen Professor Dr. Otto Speck in München absolviert, der als Experte der Sonderpädagogik Generationen von Studierenden prägte. „Ich durfte bei ihm studieren und das war ein großes Glück“, so Frauscher, „das ist mir rückblickend immer wieder bewusst geworden, denn er hat bei mir diese Grundhaltung geprägt, alle Kinder und ihre Familien so zu nehmen wie sie sind und darauf aufzubauen, die beste Unterstützung anzubieten. Dies habe ich die fünf Jahre in München so richtig inhaliert. Bei mir ist das Glas immer halbvoll, wenn nicht dreiviertel!“

 

„Sie haben Maßstäbe gesetzt“

KJF-Direktor Michael Eibl zitierte in seiner Laudatio Professor Dr. Otto Speck und verdeutliche damit den besonderen Auftrag nicht nur für Sonderpädagogen, sondern für die gesamte Gesellschaft. So schlug er die Brücke zu Gabriele Frauscher, die diese Haltung lebte. „Heute feiern wir ein Fest der Menschlichkeit, der christlichen Nächstenliebe und damit der Achtung der Würde jedes Menschen, sei er behindert oder nicht. (…) Niemand soll ausgeschlossen sein nur, weil er anders ist, als man es gewohnt ist.“ Das Motto der gesamten Einrichtung: „Willkommen so wie du bist“ fasse dies zusammen für alle Bereiche, in denen die KJF tätig ist.

Die Kinder des HPZ verabschiedeten sich musikalisch von ihrer Einrichtungsleiterin. (Foto: Christine Allgeyer)

„Gemeinsam wollen wir heute dankbar zurückschauen auf Ihre 40 Jahre bei der KJF“, wandte sich Michael Eibl an die Gäste und Gabriele Frauscher: „Frau Frauscher, Sie haben vieles geleistet und damit Maßstäbe gesetzt. Von 1985 bis 1987 waren Sie Sonderschullehrerin hier an der St. Rupert Schule, sie wurden 1987 zur stellvertretenden Schulleitung bestellt, Ihre Ernennung zur Konrektorin erfolgte 1994 – eine sprunghafte Karriere. Sie waren Sportbeauftragte, haben den Arbeitskreis Sexualerziehung an der SVE, Schule zur individuellen Lebensbegleitung, geleitet, die Werkstufe weiterentwickelt und damit in ganz Niederbayern Akzente gesetzt, Sie haben am Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung mitgearbeitet und sie waren im Arbeitskreis vernetzte Werkstufe tätig und haben dort an der Weiterentwicklung des neuen Lehrplans für die Werkstufe mitgearbeitet. Wir sehen daran deutlich Ihre Basisarbeit auch außerhalb der Schule, mit der Sie Ihre Erfahrungen weitergegeben haben. Wir sind stolz, dass Sie in der KJF fachliche Weiterentwicklungen für die gesamte bayerische Schullandschaft mit geprägt haben.“

Mit einem Vergelt’s Gott für den wertvollen Einsatz zum Wohle der Kinder und Jugendlichen würdigte Domkapitular Michael Dreßel, der Vorsitzende der KJF, die Verdienste von Gabriele Frauscher. Entscheidend für die 40 Jahren ihrer Tätigkeit bei der KJF und dafür, was auch entscheidend für die Jugendfürsorge sei, benannte der Vorsitzende der KJF die Empathie – die Fähigkeit und Bereitschaft über das eigene Ego hinauszuschauen und zu versuchen, sich in den anderen hineinzuversetzen. „Empathie ist eine grundlegende Stärke“, so Dreßel, „und dies macht die KJF aus. Sie, liebe Frau Frauscher haben diese Empathie gelebt. Dafür danke ich Ihnen ganz herzlich.“

Ingeborg Gerlach (2.v.l.), die Vorsitzende der Stiftung Für junge Menschen, dankte Gabriele Frauscher (3.v.l.) mit einem Geschenkkorb. (Foto: Isolde HIlt)

Auch die Vorsitzende der kjf-nahen Stiftung Für junge Menschen, Ingeborg Gerlach, zollte gemeinsam mit Wolfgang Berg, Mitglied im Stiftungsvorstand, der scheidenden Leiterin Respekt. Sie überreichten einen Geschenkkorb und gaben Gabriele Frauscher Glück- und Segenswünsche mit auf den Weg in den neuen Lebensabschnitt.

 

Höchste Anerkennung und Dank für das Geleistete

Regierungsschuldirektorin Susanne Zeller-Fries betonte, dass es Gabriele Frauscher „mit ihrer hohen Fachlichkeit, ihrer vorbildlichen Einsatzfreude, ihrem umsichtigen Führungsstil“ immer gelang, „auch in kritischen Situationen humorvoll Gelassenheit und Ruhe zu bewahren und somit konfliktlösende Kommunikation zu ermöglichen. Gabriele Frauscher wird von Kolleginnen und Kollegen, Mitarbeitenden, Eltern und auch seitens der Schulaufsicht an der Regierung von Niederbayern als loyale, faire und tatkräftige Partnerin und Ansprechperson äußerst geschätzt.“

Die stellvertretende Landrätin Edeltraud Plattner sagte: „Für mich, liebe Frau Frauscher, waren und sind Sie immer schon das Gesicht des HPZ. Ich war immer sehr beeindruckt von dem, was Sie hier aufgebaut und geleistet haben. Sie haben immer gebrannt für Ihre Arbeit und waren von ganzem Herzen mit dabei. Sie haben für unzählige Kinder Möglichkeiten geschaffen, den Alltag bestmöglich zu bewältigen. Für Sie stand immer das Wohl der Kinder unabhängig von ihren Einschränkungen im Mittelpunkt. Diese Leidenschaft für Ihre Arbeit war bekanntlich nie an eine feste Arbeitszeit gebunden. Sie waren Sportlehrerin, Schwimmtrainerin und Anführerin ihrer Schwimmmannschaft – sogar bei den Special Olympics.“ Gabriele Frauscher habe im HPZ Spuren gelegt, welche die Schützlinge über Jahre hinaus begleiten. Sie habe moderne Pädagogik mit ganz viel Herz gelebt. Damit habe sie das Gesicht und den Ruf des HPZ maßgeblich geprägt. Edeltraud Plattner bedankte sich stellvertretend für den Landkreis: „Sie haben etwas aufgebaut, was noch viele Jahre Früchte tragen wird.“

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Zahlreiche Kolleginnen und Wegbegleiter von Gabriele Frauscher waren im HPZ, um sie in den verdienten Ruhestand zu verabschieden. (Foto: Christine Allgeyer)

Für die Stadt Eggenfelden blickte 3. Bürgermeisterin Monika Haderer auf die wertvolle Arbeit, und den unermüdlichen Einsatz von Gabriele Frauscher zurück. Sie lobte deren stets konstruktive Zusammenarbeit mit allen Partnern in der Region: „Mit Ihrem jahrzehntelangen Engagement, Ihrer Fachkompetenz und Ihrer spürbaren Menschlichkeit haben Sie nicht nur das HPZ geprägt. Sie haben unzähligen Kindern, Jugendlichen und Familien in unserer Region Hoffnung, Unterstützung und Perspektiven gegeben. Ihr Wirken ging weit über die Leitung der Einrichtung hinaus. Sie waren stets mit Herz, mit Weitblick und großem Verantwortungsbewusstsein am Werk. Ihre Arbeit hat dazu beigetragen, Inklusion als gelebte Realität in unsere Stadt und darüber hinaus zu verankern. Dafür gebührt Ihnen tiefer Respekt und großer Dank.“

Im Namen des Elternbeirats bedankte sich Sabine Wotzinger: „Eine Schule zu leiten, ist nie nur ein Verwaltungsjob. Gabriele Frauscher hat die St. Rupert Schule nicht nur verwaltet, sondern hat sie geprägt. Ihre Fähigkeit, das Kind im Blick zu behalten – nicht den Stundenplan, nicht die Statistik, sondern den Menschen – war ein großes Geschenk. Wir werden ihre klaren Worte und ihre ruhige Art vermissen.“ Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hatte Gabriele Frauscher immer ein offenes Ohr, sagte Julia Wegler, die Vorsitzende der Mitarbeitervertretung: „Sie hat jedem Menschen seinen Raum gegeben, um zu wachsen und ist immer für ihre Kolleginnen und Kollegen in die Bresche gesprungen. Wir sagen Danke, für die wertschätzende und vertrauensvolle Zusammenarbeit.“

 

Getragen von einer positiven Grundhaltung

Mit sehr persönlichen Worten wandte sich Gabriele Frauscher an ihre Gäste: „Ich habe mich immer von der positiven Grundhaltung den Menschen gegenüber tragen lassen und bin jeden Tag gerne zur Arbeit gegangen. Es gibt viele schöne Momente, auf die ich zurückblicken kann: Es war für mich jedes Mal eine Freude, wenn ein Kind einen Schritt in seiner Entwicklung nach vorne macht. Ich kann mich an eine Abschlussfahrt in Italien erinnern, als eine junge Frau das erste Mal das Meer gesehen hat und vor Glück völlig außer sich war.“

1985 begann Gabriele Frauscher ihren Dienst als Lehrerin an der St. Rupert Schule, 1994 wurde sie stellvertretende Schulleiterin und Sportbeauftragte. 2006 übernahm sie die Gesamtleitung des Heilpädagogischen Zentrums und der Schule, 2008 ernannte sie die Regierung von Niederbayern zur Sonderschulrektorin. Ein besonderes Herzensanliegen war Gabriele Frauscher der Schwimmsport: Als Trainerin feierte sie gemeinsam mit den Sportlerinnen zahlreiche Goldmedaillen – unter anderem bei den Special Olympics in Monaco. Zuletzt erhielt sie dafür den Sonderpreis der Stadt Eggenfelden. Damit wurde ihr Engagement für den Schwimmsport und für die Etablierung des Gedankens von Special Olympics honoriert. Mit dem Aufbau von Partnerklassen an Regelschulen in und um Eggenfelden leistete sie Pionierarbeit für die Inklusion in der Region. Zeitweise war Gabriele Frauscher auch am Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung tätig, wo sie den Arbeitskreis für die Weiterentwicklung der Werkstufe in Niederbayern leitete.

 

Ein gutes Fundament für den neuen Leiter

Michael Eibl stellte den neuen Schul- und Einrichtungsleiter vor: Robert Niederleitner lernte das HPZ und die St. Rupert Schule bereits 1991 als Zivildienstleistender kennen. Nach seinem Lehramtsstudium an der LMU München absolvierte er von 1998 bis 2000 sein Referendariat an der St. Rupert Schule und arbeitete dort anschließend als Studienrat. 2009 übernahm er die stellvertretende Schulleitung. „Gabriele Frauscher hat das HPZ sehr gut aufgestellt. Dadurch habe ich ein gutes Fundament, auf das ich bauen kann. Gleichzeitig gehe ich mit Demut und Respekt an meine neue Aufgabe, denn sie bringt große Verantwortung mit sich“, sagt Robert Niederleitner. „Ich möchte den konsequenten Weg der Inklusion, den Gabriele Frauscher eingeschlagen hat, weiterführen – ganz nach dem Motto unseres HPZ – Willkommen, so wie du bist.“ Er freut sich sehr, dass Andrea Otzelberger seine Nachfolge als stellvertretende Schulleitung angenommen hat. Sie leitete bisher die Schulvorbereitende Einrichtung am HPZ. „Wir schätzen uns sehr und arbeiten seit Jahren gut zusammen“, so Niederleitner.

Text: Sebastian Schmid, Christine Allgeyer